Das Abschiednehmen am offenen Sarg ist ein sehr persönliches, ja ein intimes und prägendes Erlebnis. Es kann auch einem tiefen Bedürfnis entsprechen, den vertrauten Menschen noch einmal zu sehen und zu spüren, was geschehen ist. Es ist ein Erkennen, ein Lernen für das Herz, dass sich die Seele vom Körper gelöst hat. Ein Mensch kann so den Tod begreifen und verarbeiten. Damit diese Erfahrung helfen kann, die Gefühle der Trauer heilend zu durchleben, sind einige Kenntnisse sehr hilfreich.

 

In unserem separaten Abschiedsraum in Bergen, in der Schützenstarße 2 A, in dem Verstorbene nach Wunsch aufgebahrt werden können, fühlt man eine, wir möchten es so ausdrücken, heilige Stimmung. Über Gefühle von Trauer, Angst, vielleicht Verzweiflung und Schrecken, legt sich ein Frieden, eine große Stille, die schwer mit Worten zu beschreiben ist, die sehr heilsam sein kann und tröstend.

 

Zu beachten ist auch, dass nach dem Sterben Veränderungen geschehen können, die an der Verstorbenen oder dem Verstorbenen sichtbar werden. Dabei spielt die Zeit natürlich eine Rolle, aber auch die vorangegangenen Umstände, die zum Tod führten. Die Einnahme von Medikamenten bei schwerer Krankheit zum Beispiel können sich auf die Veränderung der Zellstrukturen auswirken. Deshalb ist es wichtig zu verstehen, dass bei einer Verabschiedung am offenen Sarg das Leben schon aus dem Körper gewichen ist, die Seele hat ihn verlassen. Was bleibt, ist sozusagen das Haus, in dem der Mensch gewohnt hat, die Hülle, in der er lebte.

 

Diese Loslösung vom irdischen Körper mit Herz, Verstand und Seele zu begreifen, ist der Sinn und die Hilfe, zu denen ein Abschied am offenen Sarg verhelfen kann.

 

Viele Menschen wollen die oder den Verstorbene/n lebendig in Erinnerung behalten. Das ist zu respektieren. Aber diese Entscheidung sollte man in der Gewissheit treffen, dass man auf diese beschriebene Erfahrung verzichten möchte. Und zwar endgültig, denn diese Möglichkeit wiederholt sich nicht mehr. Menschen empfinden unterschiedlich und oft haben Familienmitglieder verschiedene Bedürfnisse.

 

Es kommt vor, dass nur ein Kind oder ein Verwandter oder eine Verwandte noch einmal Abschied nehmen möchte. Wir raten, diese Frage sehr ernsthaft zu besprechen und sich ggf. Rat zu holen. Denn Sie müssen bedenken, dass unsere Abschiedsrituale einen wesentlichen Einfluss auf das gesamte zukünftige Leben haben können.

 

Es wird auch oft die Frage gestellt, ob man Kinder mitnehmen sollte. Dabei muss man wissen, dass Kinder meist sehr natürlich mit diesen Situationen umgehen. Sie stellen Fragen, die auch uns Erwachsenen helfen, das Abschiednehmen zu erleichtern. Eltern möchten ihre Kinder vor schweren Erlebnissen und belastenden Erfahrungen bewahren. Dabei reagieren Kinder oft so, wie Eltern sich das wünschen oder erwarten. Die Kinder spüren, dass etwas Bedeutendes geschieht und wollen den Eltern helfen, die schwere Situation zu bewältigen.

 

Aber was geschieht in der Seele eines Kindes, wenn ein Mensch aus dem Umfeld einfach so verschwindet, ohne Erklärungen. Die Phantasie kann grausamer sein als die Wirklichkeit und es können sich größe Ängste entwickeln, wenn Kinder nicht in den Trauerprozess einbezogen werden. Sie müssen ja denken, dass auch sie einfach so verschwinden können, oder die Eltern, Geschwister oder gar die Familie. Sie fühlen sich ausgegrenzt und allein gelassen, spüren aber, dass die Familie ganz Entscheidendes erlebt. Das Gefühl der Zugehörigkeit und der Schutz der Gemeinschaft sind angesichts des Todes das Einzige, was wirklich halt, Trost und Sicherheit bietet.

 

Auch Kinder müssen lernen, wie man mit den Verlusten des Lebens umgehen kann. Wenn wir ihnen nicht zeigen, wie man trauert und weint, wie sollen sie dann ihren Schmerz verwinden? Wir müssen wieder lernen, gemeinsam mit unseren Angehörigen und mit unseren Kindern die Abschiede und Verluste unseres Lebens zu durchleiden. Bezieht man die Kinder ein, dann kann man so vieles lehren, dann kann man gemeinsam über das Leben und Sterben lernen.

 

Das ist eine Fürsorge für die Zukunft und es zeigt die Liebe, die Menschen füreinander empfinden, die sich nahe stehen, die über den Tod hinausreicht. Man sagt, wer die Liebe versteht, der versteht auch den Tod.

 

Wir werden alle irgendwann sterben, aber wir leben jetzt, das lernen wir angesichts des Todes. Bezieht man die Kinder mit ein, so lehrt man sie auch das Geheimnis von Leben und Tod und auch, dass wir Menschen nicht alles wissen. Wir lernen aber gemeinsam, das wir diesem Geschehen nicht alleine gegenüber stehen, sondern das wir Hilfe für unsere Gefühle, Erkenntnis, Antwort und Erklärungen bekommen können, vor allem aber auch Schutz, Verständnis und Geborgenheit in unserer Gemeinschaft.

 

Wenn Sie sich für einen Abschied am offenen Sarg entscheiden, dann können wir gerne im voraus mit Ihnen und Ihren Angehörigen ein Gespräch führen, Sie vorbereiten und Ihre Fragen beantworten. Sie können, wenn Sie es wünschen, auch beim Abschied begleitet werden. Wir können mit Musik und ggf. mit Worten diese besondere Zeit mit gestalten.


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